Die Weimarer Verfassung (1919)

Auszüge aus der Weimarer Verfassung, verabschiedet im August 1919:

„Das deutsche Volk, vereint in all seinen rassistischen Elementen und inspiriert von dem Willen, sein Reich in Freiheit und Gerechtigkeit zu erneuern und zu stärken, den Frieden im In- und Ausland zu wahren und den sozialen Fortschritt zu fördern, hat die folgende Verfassung aufgestellt.

Struktur und Funktion des Reiches

Artikel 1: Das Deutsche Reich ist eine Republik. Politische Autorität geht vom Volk aus.

Artikel 2: Das Reichsgebiet besteht aus den Hoheitsgebieten der deutschen Mitgliedstaaten. Andere Gebiete können gesetzlich in das Reich eingegliedert werden, wenn ihre Bewohner dies durch Selbstbestimmungsrecht wünschen.

Artikel 3: Die Reichsfarben sind Schwarz, Rot und Gold. Die Handelsflagge ist schwarz, weiß und rot, mit den Reichsfarben in der oberen Innenecke.

Artikel 4: Die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts sind als verbindliche Bestandteile des deutschen Reichesrechts anzusehen…

Artikel 17: Jeder Reichsstaat muss eine republikanische Verfassung haben. Die Volksvertreter müssen nach allgemeinem, gleichem, direktem und geheimem Wahlrecht aller deutschen Staatsbürger, sowohl Männer als auch Frauen, nach den Grundsätzen der proportionalen Vertretung gewählt werden. Die Regierung des Staates muss das Vertrauen der Volksvertreter genießen…

Der Reichstag

Artikel 20: Der Reichstag setzt sich aus den Abgeordneten des deutschen Volkes zusammen.

Artikel 21: Die Delegierten vertreten das ganze Volk. Sie unterliegen nur ihrem eigenen Gewissen und sind an keine Anweisungen gebunden.

Artikel 22: Die Delegierten werden von Männern und Frauen über zwanzig Jahren nach dem Grundsatz der proportionalen Vertretung durch allgemeines, gleiches, direktes und geheimes Wahlrecht gewählt. Der Wahltag muss ein Sonntag oder ein Feiertag sein.

Artikel 23: Der Reichstag wird für vier Jahre gewählt. Neuwahlen müssen spätestens am sechzigsten Tag nach Ablauf dieser Amtszeit stattfinden. Der Reichstag tritt spätestens am dreißigsten Tag nach der Wahl zum ersten Mal zusammen…

Artikel 25: Der Reichspräsident kann den Reichstag auflösen, jedoch nur einmal aus demselben Grund. Neuwahlen finden spätestens am sechzigsten Tag nach der Auflösung statt…

Der Reichspräsident und die Exekutive

Artikel 41: Der Reichspräsident wird vom gesamten deutschen Volk gewählt. Jeder Deutsche, der sein fünfunddreißigstes Lebensjahr vollendet hat, kann gewählt werden…

Artikel 43: Die Amtszeit des Reichspräsidenten beträgt sieben Jahre. Wiederwahl ist zulässig…

Artikel 46: Der Reichspräsident ernennt und entlässt Reichsbeamte und Beamte, solange gesetzlich keine anderen Bestimmungen erlassen werden. Er kann zulassen, dass das Recht auf Ernennung und Entlassung von anderen Ämtern ausgeübt wird.

Artikel 47: Der Reichspräsident ist Oberbefehlshaber aller Streitkräfte des Reiches.

Artikel 48: Wenn ein Staat die ihm durch die Verfassung oder die Gesetze des Reiches auferlegten Pflichten nicht erfüllt, kann der Reichspräsident diese Pflichten mit Hilfe der Streitkräfte durchsetzen. Für den Fall, dass die öffentliche Ordnung und Sicherheit ernsthaft gestört oder bedroht werden, kann der Reichspräsident die für ihre Wiederherstellung erforderlichen Maßnahmen ergreifen und erforderlichenfalls mit Hilfe der Streitkräfte eingreifen. Zu diesem Zweck kann er die in den Artikeln 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 festgelegten Grundrechte vorübergehend ganz oder teilweise aussetzen. Der Reichspräsident muss den Reichstag unverzüglich über alle derartigen Maßnahmen informieren…

Artikel 50: Alle Anordnungen und Dekrete des Reichspräsidenten, einschließlich derjenigen der Streitkräfte, müssen, um gültig zu sein, vom Reichskanzler oder vom zuständigen Reichsminister gegengezeichnet werden…

Artikel 52: Die Reichsregierung besteht aus dem Reichskanzler und den Reichsministern.

Artikel 53: Der Reichskanzler und auf seine Empfehlung hin die Reichsminister werden vom Reichspräsidenten ernannt und entlassen.

Artikel 54: Der Reichskanzler und die Reichsminister fordern zur Ausübung ihres Amtes das Vertrauen des Reichstags. Jeder von ihnen muss zurücktreten, wenn der Reichstag durch förmlichen Beschluss sein Vertrauen entzieht.

Artikel 55: Der Reichskanzler präsidiert die Reichsregierung und führt ihre Geschäfte nach der von der Reichsregierung festgelegten und vom Reichspräsidenten genehmigten Geschäftsordnung.

Artikel 56: Der Reichskanzler bestimmt das politische Programm des Reiches und übernimmt die Verantwortung gegenüber dem Reichstag. Im Rahmen dieser allgemeinen Politik führt jeder Reichsminister das ihm anvertraute Amt selbständig und ist dem Reichstag gegenüber individuell verantwortlich…

Artikel 76: Die Verfassung kann gesetzlich geändert werden, aber Änderungen der Verfassung können nur wirksam werden, wenn zwei Drittel der gesetzlichen Mitgliederzahl anwesend sind und mindestens zwei Drittel der anwesenden Mitglieder zustimmen…

Grundrechte des deutschen Volkes

Artikel 109: Alle Deutschen sind vor dem Gesetz gleich. Männer und Frauen haben die gleichen grundlegenden Bürgerrechte und -pflichten. Öffentliche gesetzliche Privilegien oder Nachteile der Geburt oder des Ranges werden abgeschafft. Adelstitel gelten lediglich als Teil des Namens und dürfen nicht mehr verliehen werden. Titel dürfen nur verliehen werden, wenn sie auf ein Amt oder einen Beruf hinweisen; akademische Grade sind hiervon nicht betroffen. Bestellungen und Dekorationen werden nicht vom Staat erteilt. Kein Deutscher darf Titel oder Aufträge einer ausländischen Regierung annehmen…

Artikel 114: Persönliche Freiheit ist unantastbar. Eine Einschränkung oder ein Entzug der persönlichen Freiheit durch eine Behörde ist nur durch eine Behörde zulässig. Personen, denen die Freiheit entzogen wurde, müssen spätestens am folgenden Tag über deren Befugnisse und aus welchen Gründen informiert werden. Sie erhalten unverzüglich die Möglichkeit, Einwände gegen ihren Freiheitsentzug zu erheben.

Artikel 115: Die Heimat eines jeden Deutschen ist sein Heiligtum und unantastbar. Ausnahmen sind nur gesetzlich zulässig…

Artikel 117: Die Geheimhaltung von Briefen und jeglicher Post-, Telegraphen- und Telefonkommunikation ist unantastbar. Ausnahmen sind außer nach nationalem Recht unzulässig.

Artikel 118: Jeder Deutsche hat das Recht, im Rahmen der allgemeinen Gesetze seine Meinung frei in Wort, Schrift, Druck, Bildform oder auf andere Weise zu äußern. Zensur ist verboten.

Artikel 123: Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Vorankündigung und ohne besondere Erlaubnis friedlich und unbewaffnet zu versammeln…

Artikel 124: Alle Deutschen haben das Recht, Vereinigungen und Gesellschaften zu Zwecken zu gründen, die nicht gegen das Strafrecht verstoßen.

Artikel 126: Jeder Deutsche hat das Petitionsrecht…

Artikel 135: Alle Reichsbewohner genießen volle Religions- und Gewissensfreiheit. Die freie Ausübung der Religion ist in der Verfassung garantiert und steht unter öffentlichem Schutz… “

Unterzeichnet in Schwarzburg, August 11th 1919
Reichspräsident Friedrich Ebert
Das Reichskabinett - Messers Bauer, Erzberger, Hermann Müller, Dr. David, Noske, Schmidt, Schlicke, Giesberts, Dr. Mayer und Dr. Bell.