Heydrichs Memo über die Eindämmung von Juden in Polen (1939)

Am 21. September 1939, drei Wochen nach Beginn des Einmarsches der Nazis in Polen, Schutzstaffel (SS) stellvertretender Chef Reinhard Heydrich schickte ein Memo, in dem die Methoden zur Eindämmung und Organisation von Juden in Polen beschrieben wurden:

SECRET
An: Chefs aller Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei
Betrifft: Jüdische Frage im besetzten Gebiet

Ich beziehe mich auf die heutige Konferenz in Berlin und weise noch einmal darauf hin, dass die geplanten Gesamtmaßnahmen (dh das Endziel) streng geheim zu halten sind… Die geplanten Maßnahmen erfordern die gründlichste Vorbereitung in ihren technischen und wirtschaftlichen Aspekten.

Es ist offensichtlich, dass die vor uns liegenden Aufgaben von hier aus nicht detailliert festgelegt werden können. Die folgenden Anweisungen und Richtlinien dienen gleichzeitig dazu, die Chefs der Ersatzgruppen zu drängen, die Angelegenheit in die Praxis umzusetzen. Die erste Voraussetzung für das Endziel ist vorerst die Konzentration der Juden vom Land in die größeren Städte. Dies ist mit aller Geschwindigkeit durchzuführen.

Dabei ist zu unterscheiden (1) zwischen den Gebieten Danzig und Westpreußen, Posen, Ostoberschlesien und (2) den übrigen besetzten Gebieten. Das in Punkt 1 genannte Gebiet ist nach Möglichkeit von Juden zu räumen; Zumindest sollte das Ziel darin bestehen, nur wenige Konzentrationsstädte zu etablieren. In den unter Punkt 2 genannten Bereichen sind möglichst wenige Konzentrationspunkte einzurichten, um spätere Maßnahmen zu erleichtern. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass nur Städte als Konzentrationspunkte zu bezeichnen sind, die Eisenbahnknotenpunkte sind oder zumindest entlang von Eisenbahnlinien liegen.

Grundsätzlich sollen jüdische Gemeinden mit weniger als 500 Personen aufgelöst und in die nächstgelegene Konzentrationsstadt verlegt werden. In diesem Gebiet soll nur eine improvisierte Judenzählung durchgeführt werden. Darüber hinaus sollen Räte jüdischer Ältester eingerichtet werden, wie nachstehend erörtert.

Räte der jüdischen Ältesten (Judische Alteestenrate)

1. In jeder jüdischen Gemeinde soll ein Rat der jüdischen Ältesten eingerichtet werden, der sich so weit wie möglich aus den verbleibenden einflussreichen Persönlichkeiten und Rabbinern zusammensetzt. Der Rat soll bis zu 24 männliche Juden umfassen (abhängig von der Größe der jüdischen Gemeinde). Der Rat ist im wahrsten Sinne des Wortes für die genaue und pünktliche Ausführung aller erlassenen oder noch ausstehenden Richtlinien voll verantwortlich zu machen.

2. Im Falle der Sabotage solcher Anweisungen sind die Räte vor den schwerwiegendsten Maßnahmen zu warnen.

3. Die jüdischen Räte führen eine improvisierte Volkszählung der Juden in ihrer Region durch - nach Möglichkeit nach Geschlecht (Altersgruppen) aufgeschlüsselt: a) bis 16 Jahre, b) 16 bis 20 Jahre und c) über sowie nach Hauptberufsgruppen - und die Ergebnisse in kürzester Zeit zu melden.

4. Die Ältestenräte sind über die Daten und Fristen für den Abflug, die Abflugmöglichkeiten und schließlich die Abflugrouten zu informieren. Sie sind dann persönlich für die Abreise der Juden vom Land verantwortlich zu machen. Der Grund für die Konzentration der Juden auf die Städte ist, dass Juden am einflussreichsten an Guerilla-Angriffen und Plünderungsaktionen teilgenommen haben.

5. Die Ältestenräte in den Konzentrationsstädten sind dafür verantwortlich, dass die vom Land einziehenden Juden angemessen untergebracht werden. Aus allgemeinen Sicherheitsgründen wird die Konzentration von Juden in den Städten wahrscheinlich Befehle erfordern, die Juden aus bestimmten Stadtteilen gänzlich ausschließen oder ihnen beispielsweise verbieten, die Ghettos zu verlassen oder nach einer festgelegten Abendstunde auszugehen usw. wirtschaftliche Notwendigkeiten sind in diesem Zusammenhang immer zu berücksichtigen.

6. Die Ältestenräte sind auch für die angemessene Versorgung der Juden während des Transports in die Städte verantwortlich zu machen. Für den Fall, dass wandernde Juden ihren beweglichen Besitz mitnehmen, sind keine Einwände zu erheben, soweit dies technisch möglich ist.

7. Juden, die der Anordnung, in die Städte zu ziehen, nicht nachkommen, wird eine kurze zusätzliche Gnadenfrist eingeräumt, wenn die Umstände dies rechtfertigen. Sie sind vor strengster Bestrafung zu warnen, wenn sie diese letztere Frist nicht einhalten…

Die Chefs der Einsatzgruppen werden mir fortlaufend über… die numerische Befragung der in ihrem Hoheitsgebiet anwesenden Juden berichten (nach Möglichkeit wie oben angegeben aufgeschlüsselt). Die Anzahl der Juden, die vom Land evakuiert werden, und derjenigen, die sich bereits auf dem Land befinden
Städte sind gesondert zu melden. “